Ob bei der Gründung eines Startups, als Geschäftsführung im mittelständischen Unternehmen oder als Vorstandsmitglied im Konzern: In allen Unternehmensbereichen und Branchen tragen Führungskräfte eine große Verantwortung – und damit auch ein großes finanzielles Risiko. Eine einzige falsche Entscheidung kann schnell zu einem Schaden in Millionenhöhe führen. Damit Führungspersonen und andere leitende Organe in einem solchen Fall nicht persönlich mit ihrem Privatvermögen für ihren Fehler haften, gibt es die D&O-Versicherung. Experte Christian Forster von der Versicherungskammer Bayern erklärt im Interview stellvertretend für die öffentlichen Versicherer, warum Entscheiderinnen und Entscheider in mittelständischen Unternehmen die D&O-Versicherung kennen sollten, für wen sie sinnvoll ist, wie sie funktioniert und welche Vorteile sie bietet.
Herr Forster, was genau verbirgt sich hinter dem Begriff „D&O-Versicherung“?
Der Begriff „D&O“ steht für „Directors and Officers“. In Deutschland ist die Directors and Officers Versicherung auch als „Managerhaftpflichtversicherung“ bekannt, denn sie schützt die Geschäftsleitung und das Management vor persönlichen Haftungsrisiken, wenn es etwa aufgrund einer beruflichen Fehlentscheidung zu einem Schadenfall im Unternehmen kommt.
Was ist der Unterschied zwischen einer D&O-Versicherung und einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung?
Beide Versicherungen greifen nur bei Vermögensschäden. Die D&O-Versicherung schützt die Leitungsebene vor einer persönlichen Inanspruchnahme durch das eigene Unternehmen oder durch Dritte. Die Inanspruchnahme (Innenhaftung) ist dabei der weitaus häufigste Fall.
Die klassische Vermögensschadenhaftpflichtversicherung schützt hingegen das Unternehmen selbst vor Ansprüchen von Dritten. Die D&O-Versicherung ist eine spezielle Form der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung.
Und worin unterscheidet sich die D&O-Versicherung von einer Betriebshaftpflichtversicherung?
Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass eine D&O-Versicherung ausschließlich für die Organe und leitenden Angestellten abgeschlossen wird und auch nur diesen Personen Schutz vor einer persönlichen Haftung gegen Vermögensschäden bietet.
Im Gegensatz dazu sind mit einer Betriebshaftpflichtversicherung vor allem Personen- und Sachschäden versichert, die das Unternehmen Dritten zufügt.
Welche Risiken bestehen für Entscheiderinnen und Entscheider in Unternehmen und wie könnte ein D&O-Schadenbeispiel aussehen?
Die Risiken ergeben sich meist aus einer mangelhaften Organisation des Betriebs, beispielsweise wenn es um die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben geht, wie Compliance-Regeln. Schadenfälle können auch im Bereich der Personalplanung entstehen, durch fehlerhafte Kündigungen, im Forderungsmanagement, durch das Versäumen von Verjährungsfristen oder bei der Vertragsgestaltung.
Nehmen wir etwa an, die Geschäftsführung hat Verträge mit Geschäftspartnern zu erhöhten Konditionen abgeschlossen, weil versäumt wurde, Alternativangebote einzuholen. Dies kann ihr zum Vorwurf gemacht werden und es ergibt sich ein klassischer Schadenfall mit einem enormen Risiko für die betroffene Führungskraft, denn sie haftet bereits ab der einfachen Fahrlässigkeit mit ihrem gesamten privaten Vermögen. Hinzu kommt eine Beweislastumkehr zu ihren Lasten. Das heißt: Die Geschäftsführung muss beweisen, dass sie alle Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Die Auswirkungen, die solche Schadenfälle ohne D&O-Versicherung haben können, sind oft gar nicht bekannt. Daher kann das Fehlen einer solchen Versicherung zu einem der größten Risiken für Unternehmerinnen und Unternehmer werden.
Können auch junge Geschäftsleute und mittelständische Unternehmen von diesen Risiken betroffen sein? Für wen ist eine D&O-Versicherung sinnvoll?
Eine D&O-Versicherung ist eine wichtige Absicherung für Organe, ganz unabhängig davon, wie groß das Unternehmen ist. Nicht nur Personen auf Leitungsebene im Großkonzern tragen ein Haftungsrisiko, sondern ebenso die Geschäftsführung in KMU. Auch für Existenzgründerinnen und -gründer gehört die D&O zu den wichtigsten Versicherungen. Selbst ehrenamtliche Organe in Vereinen haften mit ihrem Privatvermögen ab der groben Fahrlässigkeit, beispielsweise beim Vorwurf des Verlusts der Gemeinnützigkeit. Häufig sind Vereinbarungen über eine D&O-Versicherung sogar fester Bestandteil von Muster-Geschäftsführendenverträgen.
Wer schließt eine D&O-Versicherung ab: das Unternehmen oder die Führungskraft selbst?
Grundsätzlich ist beides möglich. Dass eine Führungskraft für sich persönlich eine D&O-Versicherung abschließt, ist aber eher selten der Fall. In der Regel schließt das Unternehmen die D&O-Versicherung ab und bezahlt auch die Versicherungsprämie. Die Absicherung gilt dann für die Gesamtheit der Leitungsorgane im Unternehmen: Treten neue Personen ins Management des Unternehmens ein, sind diese automatisch mitversichert.
Wie sieht der Schutz durch eine D&O-Versicherung konkret aus und was deckt sie ab?
Bestehen in einem Schadenfall Ansprüche gegen die versicherte Person, prüft die D&O-Versicherung zunächst die Haftungsfrage. Sie wehrt daraufhin unberechtigte Ansprüche ab und bezahlt die berechtigten Ansprüche. Ein weiterer Vorteil der D&O-Versicherung ist, dass sie zusätzlich als Rechtsschutzversicherung wirkt, da auch Kosten für einen Rechtsstreit durch sie abgedeckt sind, wie Anwalts- und Verfahrenskosten.
Bietet die D&O-Versicherung weitere Leistungen, die über einen finanziellen Ausgleich des Schadens hinausgehen?
Ja, die D&O-Versicherung der Versicherungskammer Bayern, aber auch D&O-Versicherungen der anderen öffentlichen Versicherer bieten den Versicherten über die Prüfung der Haftungsfrage und die Kostenübernahme hinaus zusätzliche Leistungen. Dazu zählen beispielsweise Lohnfortzahlung im Schadenfall, die Übernahme von Kosten für PR-Beratung, Strafrechtsschutz oder anwaltliche Beratung vor der Geltendmachung eines Schadens.
Wie hoch sollte die Deckungssumme der D&O-Versicherung sein und wie wird sie ermittelt?
Wer die erforderliche Deckungssumme ermitteln möchte, sollte sich vorab fragen: Wie hoch können einzelne Schäden ausfallen und welche Ansprüche können in der Folge gegen die Personen auf Führungsebene erhoben werden? Die Höhe der Deckungssumme hängt letztlich davon ab, wie diese individuellen Schadensszenarien im Unternehmen aussehen. Zusätzliche Kosten sind ebenfalls in der Kalkulation zu berücksichtigen. Zu beachten ist außerdem, dass die gewählte Versicherungssumme für alle Ansprüche ausreichen muss, die innerhalb eines Jahres gegen alle Führungskräfte geltend gemacht werden könnten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Fehler tatsächlich in diesem Jahr begangen wurden oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt.
Oft gestaltet sich die Ermittlung der richtigen Deckungssumme für Unternehmen als nicht ganz einfach. Es lohnt sich, die individuellen Schadensszenarien mit dem Versicherer vor Ort durchzuspielen, um die passende Deckungssumme festzulegen. Gerne unterstützen Sie die Versicherungsexperten Ihres zuständigen öffentlichen Versicherers.
Ist die D&O-Versicherung einmal abgeschlossen, befindet sich das Management erstmal auf der sicheren Seite. Wir empfehlen jedoch, auch in den Folgejahren regelmäßig zu überprüfen, ob der Schutz noch ausreichend ist. Denn Größe, Struktur und Organisation von Unternehmen können sich jederzeit ändern und eine Anpassung der Versicherungssumme erforderlich machen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Forster!
D&O-Versicherung: Unverzichtbarer Schutz für jedes Unternehmen
Preiskalkulation, Einkauf, Vertragsgestaltung, Personalplanung: In vielen Verantwortungsbereichen laufen Führungskräfte Gefahr, falsche Entscheidungen zu treffen. Das birgt für sie ein hohes finanzielles Risiko, denn: Ohne entsprechenden Versicherungsschutz haften sie bei einem Schaden persönlich und müssen mit ihrem eigenen Vermögen dafür aufkommen. Gerade bei mittelständischen Unternehmen können selbst kleine Schäden das Vermögen des Managements übersteigen und existenzgefährdend sein!
D&O-Versicherung: Das Wichtigste in Kürze
Eine D&O-Versicherung (Directors and Officers Versicherung) ist eine Form der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung inklusive Rechtsschutz für Entscheidungstragende aller Art. Sie schützt – unabhängig von der Unternehmensgröße – beispielsweise Mitglieder des Managements, des Vorstands oder des Aufsichtsrats vor den finanziellen Folgen beruflicher Fehler und ist auch für Jungunternehmer und -unternehmerinnen sowie Selbstständige eine wichtige Absicherung. Im Schadenfall kommt die D&O-Versicherung für Ansprüche auf, für die Betroffene ohne D&O-Versicherung mit ihrem Privatvermögen haften müssten.
Sie möchten, dass Ihr Management auf der sicheren Seite ist oder sich selbst absichern?
Als besondere Form der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung bietet eine D&O-Versicherung (Directors and Officers Versicherung) Personen auf Leitungsebene aus allen Bereichen umfassenden Schutz vor persönlichen Haftungsrisiken. Sie kommt im Schadenfall sowohl für Ansprüche des Unternehmens (Innenhaftung) als auch für Ansprüche Dritter (Außenhaftung) auf und sichert mit ihrer Rechtsschutzfunktion zusätzlich auch im Fall eines Rechtsstreits ab.
Ihr öffentlicher Versicherer ist Ihr kompetenter Ansprechpartner, wenn Sie Ihr Risikomanagement optimieren wollen.
Sie wünschen weitere Informationen rund um die passende D&O-Versicherung für Ihr Unternehmen oder möchten sich persönlich beraten lassen? Dann wenden Sie sich gerne an Ihren öffentlichen Versicherer vor Ort – nutzen Sie dafür ganz einfach unseren Versicherungsfinder.
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FAQ: Häufige Fragen zur D&O-Versicherung
Was ist eine D&O-Versicherung?
„D&O-Versicherung“ steht für „Directors and Officers Versicherung”. Eine D&O-Versicherung, auch bekannt als Managerhaftpflichtversicherung, ist eine spezielle Form der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die Entscheidungstragende, wie Managerinnen und Manager, Mitglieder eines Vorstands oder Aufsichtsrats, im Schadenfall vor persönlichen Haftungsrisiken schützt und für finanzielle Ansprüche des Unternehmens (Innenhaftung) und Dritter (Außenhaftung) aufkommt.
Für wen ist eine D&O-Versicherung sinnvoll und warum?
Eine D&O-Versicherung ist für jede Person mit leitender beruflicher Funktion sinnvoll und eine wichtige Absicherung, unabhängig von der Art und Größe des Unternehmens. Management und Führungskräfte übernehmen hohe Verantwortung im Unternehmen, die zwangsläufig mit einem höheren Risiko im Fall von Fehlentscheidungen verbunden ist, denn dann haften sie mit ihrem Privatvermögen. Vor diesem persönlichen Haftungsrisiko schützt eine D&O-Versicherung.
Wer schließt eine D&O-Versicherung ab und wie hoch sollte die Deckungssumme einer D&O-Versicherung sein?
Eine D&O-Versicherung ist eine Versicherung zum Schutz Dritter. Sie wird in der Regel vom Unternehmen für alle Leitungsorgane im Unternehmen abgeschlossen, die Versicherungsprämie übernimmt ebenfalls das Unternehmen. Eine Führungskraft kann eine D&O-Versicherung auch für sich persönlich abschließen, dies ist aber eher unüblich. Die Höhe der Deckungssumme einer D&O-Versicherung lässt sich nicht pauschal angeben. Sie hängt vom Unternehmen und den Schadensszenarien ab, die dort auftreten könnten, sowie von den Ansprüchen, die sich daraus ergeben. Wichtig ist, dass die gewählte Versicherungssumme für alle Ansprüche ausreicht, die innerhalb eines Jahres gegen alle Führungskräfte geltend gemacht werden könnten, und dass auch zusätzliche Kosten in der Kalkulation berücksichtigt werden.
In welcher Höhe können Schadensummen in Unternehmen entstehen?
Das hängt stark von der Größe des Unternehmens und dem Schadenpotential ab. In großen Betrieben kann der Schaden bei mehreren hundert Millionen Euro liegen, aber auch in mittelständischen Unternehmen oder Startups kann ein geringerer Schaden das Vermögen eines Managers oder einer Managerin weit übersteigen und deren berufliches Lebenswerk gefährden.
Welche Schadenfälle deckt eine D&O-Versicherung ab?
Schadenfälle können in vielen organisatorischen und operativen Bereichen eines Unternehmens auftreten, meist ergeben sie sich im Bereich der Innenhaftung. Dies können beispielsweise Fehleinkäufe sein, Abschlüsse von Verträgen zu schlechten Konditionen, falsche Personalplanung, fehlerhafte Kündigungen oder im Fall von Forderungen das Versäumen von Verjährungsfristen.